Befreien Sie sich endlich von Ihrem Legacy Ecosystem
Am 18. März 2025 fand die Veranstaltung "Transformation von Print zu Digital – Wie Verlage und Medienunternehmen den Wandel meistern" statt, organisiert vom Medienverband der freien Presse (MVFP). Wir hatten die Gelegenheit, den Eröffnungsvortrag mit dem Titel "Der Cliffhanger der Medienbranche: Warum Sie Ihr Legacy Ecosystem loswerden müssen!" zu übernehmen.
Cliffhanger? Viele Unternehmen wissen, dass sie sich verändern müssen, doch sie zögern. Die Angst vor dem Sprung ins Ungewisse hält sie davon ab, mutige und notwendige Entscheidungen zu treffen. Und die digitale Transformation ist bei allen Fortschritten immer noch viel zu langsam, sagt Jens Löbbe.
Die aktuelle Lage der Medienbranche: Digitale Einnahmen wachsen – aber reicht das Tempo?
Die Transformation von Print zu Digital ist längst ein zentrales Thema, doch viele Verlage kämpfen mit der Umsetzung. Und das seit Jahren. Wie sieht die Lage und Entwicklung 2019 bis 2028 (Prognose) aus?
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Printverluste: Die Vertriebserlöse gedruckter Zeitungen sind um 26,2 % gesunken, die Werbeeinnahmen sogar um 45,6 %.
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Gesamtmarkt trotz digitaler Erfolge rückläufig: Zeitungsverlage konnten ihre digitalen Vertriebserlöse um 87,2 % steigern, doch der Gesamtumsatz im Zeitungsmarkt bleibt rückläufig (-23,3 %).
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Fachmedien setzen verstärkt auf Digital: Ihr Digitalumsatz stieg um 76,74 % und übertraf 2023 erstmals die Printumsätze.
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Innovationslücke: Während 80 % der Verlage Innovation als geschäftskritisch ansehen, haben nur 20 % eine eigene Innovationsabteilung. Lediglich 10 % investieren mehr als 5 % ihres Umsatzes in Innovation.
Diese Zahlen zeigen: Digitale Modelle gewinnen an Bedeutung, doch die Geschwindigkeit der Transformation reicht nicht aus, um den Rückgang der Printumsätze auszugleichen - heute nicht und vermutlich auch morgen nicht.
„Legacy Ecosystem“ vs. Innovation: Warum ist die Lage so? Warum sind die Wege der Transformation so lang und schwierig?
Die meisten Medienhäuser operieren nach jahrzehntelang bewährten, aber zunehmend überholten Mustern. Hauptprobleme der Branche:
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Technische und organisatorische Legacy-Strukturen: Viele Verlage arbeiten mit veralteten Systemen und Prozessen, die auf Print ausgerichtet sind.
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Eingeschränkte digitale Monetarisierung: Viele Medienhäuser setzen auf starre Paywall-Modelle, die nicht an datengetriebene Nutzungsgewohnheiten angepasst sind.
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Externe Abhängigkeiten: Google, Social Media und andere Plattformen dominieren die Sichtbarkeit von Inhalten und beeinflussen Reichweite erheblich.
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Veränderungsresistenz: Viele Unternehmen optimieren nur bestehende Modelle, statt neue digitale Wege mutig zu beschreiten.
Doch es gibt Lösungen für eine erfolgreiche Transformation.
Empfehlenswert ist ein Vorgehen in drei Schritten:
1. Grundsatzstrategie: Ambidextrie oder nicht?
- Klare Aussagen zur Frage: Soll das bestehende Print-Geschäftsmodell weiter optimiert werden
und / oder parallel digitale Innovationsprojekte entwickelt werden? -
Entscheidungen eindeutig durchführen
Dafür benötigen Sie ein mindestens ausreichendes Budget. Wie hoch dieses sein sollte, lässt sich nicht pauschal sagen, sondern muss im Einzelfall abgeschätzt werden. Abhängig ist das von:
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der eigenen Ausgangslage: Wie ist die Know-how-Verfügbarkeit? Welche Erfahrungen sind vorhanden?
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Technologische Weiterentwicklung kostet Geld. Verlage müssen sich im Klaren sein, dass Innovationen nicht zum Nulltarif zu haben sind und das Risiko fährt mit. Riskanter ist es aber, die Dinge geschehen zu lassen.
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Schnelle Innovationszyklen etablieren: Die Branche muss sich agiler aufstellen, um neue Geschäftsmodelle rasch zu validieren.
2. Entwicklung Produkte und Services
Hilfreiche Instrumente:
Radikale Kundenzentrierung: Nichts geht ohne ein klares Verständnis der Kundenprobleme
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Inhalte müssen plattformübergreifend und personalisiert ausgespielt werden.
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Datengetriebene Abo-Modelle: Individuelle Angebote erhöhen die Conversion Rate und Kundenbindung.
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Intelligente Nutzung von Nutzerdaten: Analyse und Monetarisierung müssen integraler Bestandteil der Strategie sein.
Coopetition: mit Wettbewerbern zusammen vorgehen
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Digitale Transformation kann nicht allein bewältigt werden. Strategische Kooperationen mit Tech-Firmen, Start-ups und Innovationsnetzwerken helfen, Prozesse effizienter zu gestalten und schneller umzusetzen.
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Die Zusammenarbeit mit Branchenpartnern kann sich auch auf Unternehmen ausdehnen, die als Wettbewerber empfunden werden – zumindest in den Bestandsmärkten.
3. Anpassung des Ecosystems
- Neudefinition der Wertschöpfung
- Schaffung direkter Kundenbeziehungen
- Neuausrichtung oder Ablösung bestehender Partnerschaften
- Neuausrichtung der internen Prozesse
- Suche nach IT-Lösungen über den Erfahrungshorizont hinaus
- Evaluation von Shared-Service
- Nutzung von Coopetition-Modellen
- Partnerschaftsmodelle mit neuen Umsatzquellen für alle Beteiligten schaffen
Best Practices aus den Verlagen
Neben dem Vortrag von Jens Löbbe wurden auf der Veranstaltung verschiedene Best Practices vorgestellt:
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Stern+ (RTL): Erfolgreicher Aufbau eines Paid-Content-Modells mit datengetriebener Kundenbindung
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Neue Pressegesellschaft: Einführung agiler Redaktionsprozesse zur Verbesserung digitaler Workflows
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Brigitte Academy: Monetarisierung von Inhalten durch digitale Bildungsangebote
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NWB Verlag: Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur automatisierten Erstellung und Distribution von Fachinhalten
Diese Praxisbeispiele zeigen: Erfolgreiche digitale Transformation muss auf mehreren Ebenen erfolgen – technologisch, organisatorisch und strategisch.
Fazit:
Wer sich nicht aktiv von seinem „Legacy Ecosystem“ löst, riskiert den Verlust von Marktanteilen. Die MVFP-Veranstaltung „Transformation von Print zu Digital“ hat gezeigt, dass Unternehmen mit einer klaren Strategie und konsequenten Maßnahmen erfolgreich den digitalen Wandel meistern können.