Innovationen in Verlagen: Wo stehen wir tatsächlich?
Innovation entscheidet über die Zukunft, das gilt auch für Verlage. Doch wie gut sind Verlage hier tatsächlich aufgestellt?
Beim Workshop „Innovationen und Verlage: Gegensatz oder Symbiose?“ bei @Future!Publish 2025 haben wir intensiv diskutiert. Woran liegt es, dass Innovation und Veränderungen in den Verlagsunternehmen so schwierig oder schwerfällig ist?
Die Diskussionen und Erkenntnisse aus dem Workshop sind teils altbekannte Dauerthemen aber auch teils sehr (selbst-)kritische Betrachtungen. Hier ein paar Ausschnitte und Ergebnisse:
1. Raus aus der Komfortzone: Nichts geht mehr ohne neue Geschäftsmodelle: Es ist allen klar: Mehr vom Gleichen und Imitieren reicht nicht mehr. Echte Innovationen müssen mehr bieten: Wert für Kunden, ein tragfähiges Business Model und eine professionelle Umsetzung. Der Weg dahin ist schwer und die Versuchung, sich in noch immer funktionierende Märkten zu tummeln ist groß. Hat bisher ja immer noch geklappt. Das wird nicht reichen. Aber wo fangen wir an?
2. Das eigene Rollenverständnis führt zu Klumpenrisiken: Führt das eigene Selbstbild dazu, dass Verlage immer ähnlich orientierte Menschen anziehen? Wenn das so ist: Wie bekommen wir daneben Input und Weiterentwicklung in Nicht-Buchthemen? Wenn wir weiter das Bekannte fokussieren und damit immer weiter das eigene Rollenverständnis festigen, werden Innovationen immer schwerer.
3. Die eigene Anpassung an veränderte Marktstrukturen: Die Ausrichtung der Produkte auf den „Kunden“ fällt noch immer schwer. Und: Wer ist der Kunde wirklich? Autor, Endkunde oder Handelspartner? Wie stellt man sich in einer Welt auf, in der Autoren nicht mehr zwangsläufig einen Verlag brauchen (nicht, dass ich das befürworte, aber die Welt ist teilweise schon so) und, in dem immer neue Formate und Vertriebswege entstehen? Wer sind da noch die Partner, wer die Mitbewerber?
4. Nische, Nische, Nische: Tendenz ist derzeit nicht Größe, sondern das Bespielen kleiner und kleinster Zielgruppen mit immer spezifischeren Interessen und klar erkennbaren Anforderungen. Speziell Fachverlage können sich hier gut entwickeln, Wissen über Kunden aufbauen und Kundenkanäle effizient bespielen. Mit minimalen Streuverlusten und hoher Akzeptanz bei den Zielgruppen. Aber wie gelingt es, diese Nischen auch dauerhaft zu halten? Können Verlage wirklich so kleinteilig werden wie ein spezialisierter Youtuber? Und was verändert das im Geschäftsmodell
5. Prozesse und interne Strukturen: Noch immer zu starr, zu viele Silos und zu viel Hierarchie. Trotz aller guten und agilen Ansätze folgen die Prozesse den Strukturen und nicht der echten Notwendigkeit
6. Fehlerkultur und Risikobereitschaft: Ja, die Investitionsbereitschaft könnte höher sein, aber vielfach sind die Möglichkeiten der Verlage aus wirtschaftlichen Gründen begrenzt. Es gilt also, kostenschonende Methoden zur Innovation zu suchen.
7. Innovationsverhalten: In unserer Studie zum Innovationsverhalten in Verlagen und Medienunternehmen sehen wir, dass Verlage zumeist intuitiv und wenig zielgerichtet innovieren. Am Workshop haben viele Dienstleister der Medienbranche teilgenommen - und die Ergebnisse zeigen in eine andere Richtung: immerhin 25 % der Verlage und deren Dienstleister investieren 10 % des Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Ein Wert, der für Befragungen rein bei Verlagen nicht erreichbar ist, d.h. die Dienstleister heben den Schnitt an. Schön, dass das passiert, aber reicht es wirklich für die Verlage, sich auf innovative Partner und Dienstleister zu verlassen.
8. Machen statt wollen: Wie aus Ideen mit Methode Produkte werden: Es reicht nicht, darauf zu warten, dass Innovationen vom Himmel fallen. Was man bekommt – vom Himmel oder von vielen anderen Seiten – sind Ideen. Die sind also keine Mangelware. Was es aber braucht: ein Verfahren, um aus Ideen marktfähige Produkte zu machen. Aber: wie geht das? Mit welchen Methoden und was ist dazu nötig? Einblicke liefert unsere Studie dazu!
9. Glaubwürdigkeit und Marke: Es ist eine alte Kamelle: Marke bindet und gibt Orientierung – auch in den Medienmärkten. Das ist heute so wichtig wie nie. Aber wie gelingt es, dass auch in den kommenden Zielgruppen zu verankern? Und wie spielt man das über alle Kanäle in einer immer stärker fragmentierten Medienwelt?
Mein Fazit
Innovation ist kein „Nice-to-Have“, sondern ein „Must-Have“. Wer nicht investiert, verliert Marktanteile, es gibt kaum mehr Räume zum Überwintern. Die Verlagsbranche muss mutiger sein, über klassische Strukturen hinausdenken und mit passenden Methoden loslegen.
Jetzt mitmachen: Wer noch nicht an unserer Argestes-Innovationsstudie teilgenommen hat, kann das hier tun: